Original oder Schüler? Einsatzmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz bei Zuschreibungsfragen am Beispiel des Rembrandt Research Projects

Autor: Reuter, Wolfgang

Veröffentlichungsdatum: 21 Feb 2023 12:09

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URN: urn:nbn:de:bvb:355-kuge-600-4

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Kurzfassung

Künstliche Intelligenz (KI) wird von Kunsthistorikern bisher kaum genutzt, um Kunstwerke zu analysieren. In der vorliegenden Studie erörtern wir zunächst einige der Gründe dafür. Vor allem aber zeigen wir, wie die Methoden und Verfahren des Maschinellen Lernens, einem Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, neben anderen Analysetechniken in diesem Wissenschaftszweig, die Experten bei ihrer Arbeit unterstützen können. Zu diesem Zweck haben wir ein Ensemble aus Konvolutionalen Neuronalen Netzen (Convolutional Neural Networks, CNNs) mit 2.258 Werken von Rembrandt und 14 Schülern dieses barocken Werkstattmalers trainiert. Mit diesem Modell haben wir exemplarisch 15 Entscheidungen des Rembrandt Research Projects (RRP) überprüft, einer über Jahrzehnte andauernden interdisziplinären Forschungsarbeit von zahlreichen Kunst-Experten. Dabei haben wir eine Evaluationsmetrik angewandt, die sicherstellt, dass die Vorhersagen des Modells nur dann akzeptiert werden, wenn sie sehr eindeutig sind. Dies führt dazu, dass dieses Modell in etwa einem Drittel der Fälle keine Aussage trifft, die Vorhersage in den übrigen zwei Dritteln der Fälle jedoch deutlich sicherer ist und ernst genommen werden sollte. Insgesamt konnten wir mit dieser Vorgehensweise die meisten der Entscheidungen des RRP bestätigen. In zwei Fällen gibt das Modell klare Hinweise auf höchstwahrscheinlich falsche Abschreibungen von Rembrandt Originalen. In einem weiteren Fall, der unseres Wissens nicht vom RRP überprüft wurde, sollte eine Zuschreibung ernsthaft erwogen werden. Zudem haben wir einen Ansatz entwickelt, mit dem sich die Genauigkeit von Kunsthistorikern bei der Zu- und Abschreibung von Werken aus dem Umfeld Rembrandts evaluieren lässt – vor allem, um eine Vorstellung von der Qualität der Labels zu bekommen, die mit den Daten assoziiert sind, also von der Sicherheit der Zuschreibungen zu einzelnen Künstlern. Es geht uns in der vorliegenden Arbeit explizit nicht um den generell üblichen und aus unserer Sicht sinnlosen Vergleich zwischen menschlicher und Künstlicher Intelligenz. Stattdessen zeigen wir auf, wie die Ergebnisse von KI-Verfahren Kunstexperten Hinweise auf mögliche weitere Untersuchungen geben können, selbst wenn diese Ergebnisse nicht völlig eindeutig sind. Hierzu wenden wir exemplarisch weitere Analysemethoden und Algorithmen aus dem Bereich Computer Vision auf einzelne Beispielbilder an. Dieses Paper richtet sich explizit nicht nur an KI-Experten, sondern auch an Kunsthistoriker und andere Interessierte. Aus diesem Grund werden einige Vorgehensweisen und Prinzipien des Maschinellen Lernens ausführlicher behandelt, als dies in Publikationen dieses Fachgebietes normalerweise üblich ist.

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Abb. 1a: Rudjer Josip Bošković, gemalt von R. Edge Pine, 1760